"Fachgespräch Finanzierung" vom 26.11.2009
Wer soll das bezahlen?
von Ralf Höller
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Podiumsgespräch über die Finanzierung einer zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne vom 26. November 2009 in Bonn "Ein Traum ist unerlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will", schrieb Victor Hugo vor zwei Jahrhunderten. Seine Träume durfte der Begründer der französischen Romantik allenfalls in seinen Romanen verwirklichen. Ähnlich könnte es den Mitgliedern der Ermekeil-Initiative gehen; der Roman Wie unser schöner Traum zerrann müsste nur noch geschrieben werden.
Bevor näher auf den Abend im Gemeindesaal der Luther-Kirchengemeinde eingegangen wird, sei ein kurzer Rückblick gestattet. Als der Schreiber dieser Zeilen erstmals im Spätherbst 2006 über eine Informationsveranstaltung rund um die Ermekeilkaserne berichtete, hieß es, es gebe noch keinen Zeitplan für die Veräußerung des Gebäudes; anvisiert sei das Jahr 2009. Gestern schwirrte bezüglich eines möglichen Verkaufs die Zahl 2013 im Raum. Bis es wirklich einmal soweit ist, werden wohl noch einige weitere Kalenderdeckblätter abgerissen.
Des weiteren hieß es, der Nutzen für die Gesamtheit der Anwohner in der Südstadt solle über kommerziellen Partikularinteressen stehen. So jedenfalls der fromme Wunsch der Stadtverwaltung, der an diesem Abend noch einmal bekräftigt wurde. Doch dazu später.
Fast einhundert Interessierte waren am 26.11.2009 im Gemeindesaal der Lutherkirchengemeinde
Petra Klostermann von der Initiative brachte das Publikum auf den aktuellen Stand
Das Podium des Fachgesprächs "Finanzierung" vom 26.11.2009
Fast einhundert Interessierte hatten sich im Gemeindesaal eingefunden. Das Podium war mit der Moderatorin Erika Coché und Petra Klostermann - das Mitglied der Ermekeil-Initiative brachte das Publikum auf den aktuellen Stand der Dinge - Jürgen Pütz, Vorstandssprecher der Volksbank Bonn/Rhein-Sieg, und Franz Meiers, Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft NRW Urban, besetzt. Der redete sofort Klartext.
Er könne sich, so Meiers, zwar keine monofunktionale Nutzung der Ermekeilkaserne vorstellen - was gegen einen solitären Investor spricht - aber auch kein Projekt, das allein bürgerinitiativengeprägter Sozialromantik geschuldet ist. Solidität statt Solidarität: Auf diese Formel lässt sich sein Beitrag reduzieren. Oder, wie Meiers es ausdrückt: "Sechs Luxuswohnungen im ersten Obergeschoss" erwirtschaften mehr Geld "als ein Begegnungszentrum, für das die Stadt Bonn zwei Millionen Euro bezahlt." Freilich wünscht sich Meiers einen Konsens unter den Beteiligten: Eine Stadt, die das Projekt will, einen Eigentümer, der sich darauf einlässt, und eine Bürgerinitiative, die ihre Ideen einbringt. Und damit einem Bauhai ein paar willkommene Feigenblätter liefern würde, um eventuell entstandenen Volkszorn von eigenen monetären Interessen abzulenken.
Dr. Jürgen Pütz, Vorstandssprecher der Volksbank Bonn Rhein-Sieg, am 26.11.2009
Franz Meiers, NRW.Urban / ehem. LEG Stadtentwicklung GmbH, Düsseldorf, am 26.11.2009
Was meint der Bankenvertreter zu diesen Einlassungen? Er erläuterte zunächst einmal das Genossenschaftsmodell, dem sein Geldinstitut anhängt, um es anschließend auf seine Anwendbarkeit auf die Ermekeilkaserne zu prüfen. Sein Fazit: Die Neugründung einer Genossenschaft zur Finanzierung sei problematisch. Vorstellen könne er sich eine öffentliche Wohnungsbaugesellschaft, die in Vorleistung tritt und dann sukzessive ihre Anteile an die Genossenschaft verkauft. Damit stieß er ins selbe Horn wie sein Vorredner: Auch Meiers konnte sich eine genossenschaftliche Struktur für das gesamte Ermekeilareal als "unmöglich vorstellen", sondern allenfalls für bestimmte Teile.
Ein bisschen träumen durfte der Stadtentwickler schließlich doch noch: Er wünscht sich eine Mehrfachnutzung durch verschiedene Gruppen, was sich auch für jeden Investor als die vorteilhaftere Variante erweise, da so das Risiko breiter gestreut sei. Pütz assistierte: Die Wirtschaftlichkeit sei zwar von entscheidender Bedeutung, doch sollte keineswegs das rentabelste Modell den Zuschlag bekommen.
Interessierte Bürger am 26.11.2009
Interessierte Bürger am 26.11.2009
Am Piano spielte Krischan Frehse am 26.11.2009
Für Abwechslung sorgten dann Beiträge aus dem Publikum. Etwa die des Präsidenten des Bundesamtes für Wehrverwaltung, dem größten Teilhaber der Ermekeilkaserne: Matthias Leckel machte unmissverständlich klar, dass der Eigentümer und sein verlängerter Arm, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz BImA, bei der Vermarktung des Projekts ein entscheidendes Wörtchen mitzureden hat. Die Stadt Bonn eher nicht: Sie kann es sich finanziell nicht leisten, als Käufer aufzutreten. Immerhin bekräftigte ihr anwesender Vertreter Karsten Schröder, Abteilungsleiter des Dezernats für Stadtentwicklung und Baurecht, dass auch sein Arbeitgeber bei der Planung und Entwicklung des Ermekeilgeländes nicht übergangen werden darf.
Eine Wortmeldung aus dem Publikum ging fast unter. Nachdem Leckel für das gesamte Areal einen Schätzwert zwischen 30 und 40 Millionen Euro genannt hatte, der von allen Seiten bestätigt wurde, wandte sich eine Dame mit einer Frage an den Finanzexperten: Wie hoch müsse denn im Fall einer Genossenschaftsgründung der Eigenkapitalanteil sein? 20 bis 30 Prozent, kam als Antwort.
Volksbank, hör' die Signale: Tritt bald ein Investor auf, den bislang noch niemand auf der Rechnung hatte? Die Dame aus dem Publikum war Beate Grathwohl. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins Wahlverwandschaften, der Projekte für generationenübergreifendes Wohnen in der Bonner Altstadt, in Plittersdorf und in Duisdorf umgesetzt hat. Das Areal in der Südstadt würde schon von seiner geografischen Lage her gut ins Konzept passen.
Fotos: © Sepp Siegl