Veranstaltung vom 23.11.2006
2. Bürgerversammlung der Initiative zur zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne
Wird das unser Haus? Bonner Bürger stellen einen Antrag
von Ralf Höller
Es kamen wieder ca. 100 interessierte Bonner Bürgerinnen und Bürger, diesmal um über einen Bürgerantrag an die Stadt Bonn zu diskutieren.
Der eine hat's, der andere will es gerne haben: Nach diesem Muster ist jedes
gute Drehbuch zu einem Krimi gestrickt. Fehlen noch ein paar Zutaten, und
die Sonntagabendunterhaltung ist perfekt.
Die spannende Frage, um die sich am Donnerstagabend (23.11.) die zweite Informationsveranstaltung der Initiative zur zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne drehte, wird den Bürgern der Südstadt erst Im Jahr 2013bzw. 2011 beantwortet: Wer kriegt das begehrte Karree zwischen Reuter-, Argelander-, Ermekeilstraße und Bonner Talweg?
Damit die Angelegenheit nicht - wie in Dresden und anderen deutschen Städten bereits geschehen - nach Gutsherrenart geregelt und die Liegenschaft an einen gewinnorientierten, sozial eher desinteressierten Käufer verschachert wird, sollen die Südstädter sich möglichst früh in der Sache engagieren. Das macht man am besten, indem man einen entsprechenden Antrag an die Stadt Bonn stellt. Diesen zu formulieren war das erklärte Ziel der abendlichen Veranstaltung.
Luise Schatz im Vortrag über ein Konversionsprojekt einer
ehemaligen Französischen Kaserne in Tübingen.
Zunächst wurde jedoch ein Modell vorgestellt, das nach Ansicht der
Initiative zumindest in Teilen nachahmenswert ist: die Konversion des
ehemals französischen Kasernenviertels in Tübingen. Dort war 1991 das letzte
Mal die Marseillaise erschallt. Nach Abzug des Ex-Erzfeindes sind im Süden
der Universitätsstadt neue Wohnungen für 3.200 Einwohner, 100 Kleinbetriebe
und -gewerbe sowie 750 Arbeitsplätze entstanden. Das wird in der Bonner
Südstadt nicht zu schaffen sein, zumal das Tübinger Gelände rund 15-mal so
groß ist.
Dennoch lässt sich das Modell, so die Überzeugung der Referentin Luise Schatz, in verkleinertem Maßstab vom Neckar an den Rhein übertragen. Etwa, was die Kombination von gewerblicher Nutzung und Wohnstruktur betrifft: im Erdgeschoss eine Schreinerei und eine Computer-Werkstatt, daneben ein Café (keine Kneipe, denn die gibt es ja schon direkt gegenüber des Kasernentors!), in den Stockwerken darüber sind die Wohneinheiten angelegt. Letztere waren übrigens Gegenstand lebhaften Interesses seitens des Publikums: Wollte sich da jemand zeitig eine gute Startposition im Rennen um die begehrten Wohnplätze sichern?
Prof. Dr.Wolfgang Alt während seines Vortrags über die Geschichte der Bonner
Südstadt und der Ermekeilkaserne.
Den zweiten Teil des Abends bestritt Prof. Dr. Wolfgang Alt, Biologe an der
Universität Bonn und Vorsitzender des
Unser Verein Poppelsdorfer Geschichte
mit einem kurzen Abriss der Geschichte der Ermekeilkaserne. Dabei gelang es
Wolfgang Alt, einen Großteil des Auditoriums zu überraschen: Wer wusste
schon, dass nicht nur die Stadt Bonn, sondern auch die Reichswehr - sie
hatte das Gelände 1936 gekauft - eine wohnliche Nutzung durch kinderreiche
und sozial schwache Familien vorsah. Alts Fazit, das er anhand eines (Süd-)Stadtplans
eindrucksvoll belegte: Da es dieser Gegend an Grünflächen gebricht, sollten
bei der Neubebauung des Areals entsprechende Erholungsflächen für die Bürger
geschaffen werden.
Bürgermeister Peter Finger (links) moderierte die Versammlung.
Schließlich wurde im letzten Teil der Bürgerantrag besprochen. Moderator
Peter Finger erläuterte das Procedere nach § 24 der Gemeindeordnung
Nordrhein-Westfalen: Bis zum 1. März 2007 soll der Antrag mit den am Abend
besprochenen Korrekturen und möglichst vielen Unterschriften versehen und
anschließend bei der Stadt Bonn eingereicht werden. Später wird er dort im
Planungsausschuss beraten und zur Entscheidung dem Rat vorgelegt. Fällt
diese positiv aus, fließt der Antrag in den Bebauungsplan ein - an den sich
wiederum der (mögliche) Käufer halten muss.
Den Rest des Abends beanspruchte die Diskussion um die einzelnen Punkte und den genauen Wortlaut. Von den Meldungen aus dem Auditorium hob sich eine Forderung ab: In den Antrag solle festgeschrieben werden, dass die politische Spitze der Stadt beim Noch-Eigentümer der Kaserne, dem Bund, zwecks Überlassung des Areals zum Gratis- oder zu einem sehr niedrigen Preis vorspricht. Darüber entspann sich eine kontroverse Diskussion, in der die Bedenkenträger die Realisierbarkeit eines solchen Vorstoßes anmahnten.
Die Zwiesprache mit über 90 Anwesenden mündete schließlich in einen vorläufigen Kompromiss. Der komplette Wortlaut des Antrages und die fertige Unterschriftenliste findet sich auf dieser Webseite. (siehe unten)
Das Einladungsflugblatt.
So fand der Abend - an dem übrigens stets sachlich und nie polemisch
gestritten wurde - einen harmonischen Abschluss. Stellvertretend für die
Hauptsorge, die alle Teilnehmer auf und vor dem Podium umtrieb, sei
abschließend eine Frage aus dem Publikum wiedergegeben: Wie kann verhindert
werden, dass ein rein gewinnorientierter Investor das Objekt kauft und es
seinen kommerziellen Interessen unterordnet?
Bürgerantrag an die Stadt Bonn (Überarbeitete Fassung)
Bildquelle: Rainer Seifert