Veranstaltung vom 2.3.2006
Das wird unser Haus - ein Informationsabend in der Lutherkirche
von Ralf Höller
Am 2. März 2006 veranstaltete die "Initiative zur Zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne" im Gemeindesaal der Lutherkirchengemeinde, Bonn, eine erste Informationsveranstaltung.
Drei Dinge sind an einem Gebäude zu beachten, schreibt Johann Wolfgang von Goethe in seinen Wahlverwandtschaften: dass es am rechten Fleck stehe, dass es wohlgegründet, dass es vollkommen ausgeführt sei. Ersteres trifft für die Ermekeilkaserne in der Südstadt unbestritten zu. An den beiden anderen Voraussetzungen lässt sich noch arbeiten, weshalb die Initiative zur zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne zu einem Informationsabend eingeladen hatte.
Bürgermeister Peter Finger am Plan der Ermekeilkaserne, während der Infoveranstaltung vom 02.03.2006
im Gemeindesaal der Lutherkirchengemeinde
Wenn ein Haus frei wird, weckt es Begehrlichkeiten. Damit die Frage "Was soll damit geschehen?" zur Zufriedenheit
möglichst vieler Bonner beantwortet wird, muss man sie rechtzeitig stellen. Das erklärte Bürgermeister
Peter Finger, der durch den Abend führte, in seiner Anmoderation. Es gebe noch keinen
offiziellen Zeitplan für den Verkauf des Gebäudes, das noch dem Bund gehört. Anvisiert ist
wohl das Jahr 2009. Zeit genug also für die Bürger der Südstadt, sich in die Diskussion, die
Planung, die Entwicklung des Projekts einzubringen. Wie bringt man sich ein?
Der Anfang, so Finger, sei mit dieser ersten Versammlung gemacht. Alles weitere liege bei den Südstädtern. Einer von ihnen ist Ulrich Mercker, der neben Finger für die Initiative auf dem Podium sitzt. Der Sprecher des Eine-Welt-Forums möchte ein Begegnungszentrum von Bonner sozialen und politischen Initiativen in der Ermekeilkaserne einrichten. Für weitere Ideen ist er offen - und lädt alle interessierten Gruppen und engagierten Bürger zum Mitmachen ein. Mercker hält sich angenehm zurück; auf keinen Fall möchte er den Eindruck entstehen lassen, es sei schon irgend etwas verplant.
Über 100 interessierte Bonner Bürgerinnen und Bürger diskutierten am Abend des 02.03.06 über
einen neue Nutzung der Bonner Ermekeilkaserne.
Doch ohne Planung, ohne fachlichen Beistand kommt kein Projekt zustande. Aus diesem Grund sitzt der dritte Mann
auf dem Podium: Lars Wirkus vom Internationalen Konversionszentrum Bonn
(BICC). Mit Konversion ist in diesem Zusammenhang die Umwandlung militärischen in ziviles Eigentum gemeint.
Hier nähert sich die Versammlung der zweiten Goethe'schen Forderung: Wohlgegründet sollte die Nutzung des
bald freiwerdenden Gebäudes sein. Wirkus führt dann auch ein paar gelungene Beispiele aus dem Westen der
Republik an, die seine Einrichtung begleitet hatte. Auch Wirkus hält sich wohltuend zurück, deutet hier an,
weist dort einen Weg auf. Er lässt erkennen: Entscheiden sollt Ihr, liebes Publikum, Bürger der
Südstadt - wir stellen nur unser Know-How zur Verfügung.
Angekündigt war auch ein Vertreter der Stadtverwaltung. Es ist leider keiner gekommen. Immerhin wurde eine detaillierte Stellungnahme geschickt - was durchaus positiv gedeutet werden kann: Die Stadt verzichtet auf eine Bevormundung der Bürger und gibt nur Empfehlungen. Hat man aus dem Gezerre um den Bahnhofsvorplatz (einem städtebaulichen Drama um Planungschaos und Bürokratismus; aber das ist eine andere Baustelle) gelernt? Die Stellungnahme, von Peter Finger verlesen, macht Hoffnung: Es wird ein transparentes Verfahren gewünscht. Jeder darf - warum nicht in einer Bürgerwerkstatt? - mitwirken. Der Nutzen für die Gesamtheit der Anwohner soll über kommerziellen Partikularinteressen stehen. Die Stadt hat auch selber Ideen: generationenübergreifendes Wohnen in der Anlage, Durchbrechung des Kasernencharakters durch Anlegen öffentlicher Wege, das ganze aufgelockert durch ein bisschen Kleingewerbe. Die Stadt hat aber auch ein Problem: kein Geld!
Das Podium am 02.03.2006. Lars Wirkus (BICC), Bürgermeister Peter Finger, sowie Ulrich Mercker von der
"Initiative zur zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne" (von links nach rechts)
Anschließend ist das Publikum an der Reihe. Viele hatten bereits an einer Umfrage teilgenommen, deren
Auswertung Gisela Dulfer vorstellt. Vier von fünf Befragten wünschten sich eine Nutzung des Geländes
als Wohnraum: für alle Generationen, familienfreundlich, bezahlbar. Platz soll nach dem Begehr der
Umfrage-Teilnehmer auch sein für - in dieser Reihenfolge - eine Kindertagesstätte, ein Bürger- und
Begegnungszentrum, Kleingewerbe mit Läden, Bildungswerke, Vereinsräume und ein Jugendzentrum. Deutlich
wurde, was 60 Prozent der Befragten auf keinen Fall wollten: eine kommerzielle Nutzung mit starkem Verkehrsaufkommen.
Andererseits, sagt Gisela Dulfer, wünschten sich immerhin 11 Prozent zusätzliche Parkplätze auf dem
Gelände.
Die Bonner Bürgerinnen und Bürger diskutierten angeregt an diesem Abend über die neue Nutzung der
Bonner Ermekeilkaserne.
Kontrovers geht es dann auch im Plenum zu. Im wesentlichen bestätigen die Teilnehmer die Ergebnisse der Umfrage.
Doch es gibt auch andere Meinungen: Eine ältere Teilnehmerin findet, in Poppelsdorf und der Südstadt werde
sich bereits ausreichend öffentlich begegnet, daher bedürfe es keines weiteren Zentrums. Auch drückt sie
die Sorge, es könnten kinderreiche, schlimmer noch: sozial schwache Familien einziehen. Aus einer Ecke kommt
Beifall. Aus einer anderen Ecke kommt der Vorschlag, eine vierte Bonner Gesamtschule in der dann Ex-Kaserne
einzurichten. Schließlich meldet sich eine Frau zu Wort, die mit ihrer Organisation an Goethes drittes Postulat
anknüpft. Sie sieht die vollkommene Ausführung im Wohnen für alle Generationen. Dazu passt der Name des
Vereins: Wahlverwandtschaften.
Hier endet die Diskussion. Es sei recht lebhaft zugegangen, wenn auch, wie Peter Finger zum Schluss dankbar feststellt, sehr zivilisiert. Der Abend macht nicht nur ihm Hoffnung. Für die nächste Etappe der Übung in Basisdemokratie am realen Projekt schlägt er ein weiteres Treffen im Herbst vor. Auf diesem soll über einen Bürgerantrag beraten werden, den man der Stadtverwaltung vorlegen will und mit dem diese sich dann zwingend befassen muss. In einem solchen Bürgerantrag können die Leitlinien formuliert werden, nach denen die Stadt Bonn bei der weiteren Planung und Entwicklung vorzugehen hat.
Anwesende Besucher studierten die präsentierten Umfrageergebnisse und Ideenskizzen.
Eine Frage konnte an diesem Abend nicht beantwortet werden: ob es einen Investor gibt. Jedenfalls weiß
man bei der Stadt Bonn und bei der Initiative zur zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne von nichts - und
Bürgermeister Finger verspricht, sofort eine neue Versammlung einzuberufen, sobald er Wind von einer solchen
Wendung der Ereignisse bekommt.
Links
http://www.bicc.de/
Internationales Konversionszentrum Bonn
Bonn International Center for Conversion (BICC) GmbH
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Titel | aktualisiert am | Größe | Format |
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Umfrage zur zukünftigen Nutzung der Ermekeilkaserne | 17.02.2006 | 171 KB |
Bildquelle: Rainer Seifert