Fachgespräch "Architektur" vom 13.11.2008
So wird unser Haus. - Dritter Informationsabend in der Lutherkirche
von Ralf Höller
Werner Wingenfeld, amtierender Baudezernent der Stadt Bonn
Dritter Informationsabend in der Lutherkirche am 13.11.2008
Die schlechte Nachricht vorweg: Der jetzige Eigentümer der Ermekeilkaserne wird seine Liegenschaft vermutlich erst 2013 aufgeben. Diese Einschätzung gab Werner Wingenfeld, Planungsdezernent der Stadt Bonn. Er teilte sich das Podium mit dem Bonner Architekten Hanns Uelner und Manfred Stenner, der den Diskussionsabend moderierte. Das war nicht ganz einfach: Das Thema des nunmehr dritten Fachgesprächs beschränkte sich auf architektonische und städtebauliche Aspekte - wichtige Details im Planungsprozess, die einem Laienpublikum erst einmal transparent gemacht werden müssen. Hier leisteten Stenner und seine beiden Referenten Beachtliches: kein Fachchinesisch, kein langes Geschwätz, kein sich Sonnen in echter oder angenommener Kompetenz. Statt dessen folgten kurze, sachliche Beiträge, Dinge wurden auf den Punkt gebracht und vom Moderator klug zusammengefasst.
"Zu viele Gebäude", bekannte einst William Holford, ein in den Adelsstand erhobener britischer Architekt des 20. Jahrhunderts, "wurden im Lift entworfen, der zum Mittagessen nach unten fuhr."
Hanns Uelner, Manfred Stenner, Werner Wingenfeld (von links nach rechts)
In diesem Sinne, fand Wingenfeld, sei ein Aufschub bis 2013 gar nicht so schlecht. Die Zeit könne genutzt werden, um am Planverfahren zu arbeiten und Rahmenbedingungen zu schaffen, die einem Investor die Discounterisierung der Südstadt verhageln würde. Damit antwortete er auf im Publikum geäußerte Bedenken, das Areal könne zum Objekt der Begierde profitorientierter Heuschreckenkapitalisten verkommen. Allerdings dürfe die Stadt Bonn, so ihr Dezernent, nur Leitlinien setzen; die Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb derer seien immer noch sehr groß. Konkret: Die Stadt gibt die Art und das Maß der Bebauung sowie die Infrastruktur vor: Was ist Wohnfläche? Gibt es eine öffentliche Grünanlage? Ziehen Geschäfte ein? Falls ja, in welcher Größenordnung? Hoppla, da war man schon wieder bei der Nutzungsfrage, und die sollte ja nicht Gegenstand dieses Diskussionsabends vom 13. November 2008 sein.
Die Moderation der Veranstaltung wird von Manfred Stenner, Mitglied der Initiative, übernommen
Dritter Informationsabend in der Lutherkirche am 13.11.2008
Doch gibt die Architektur die Nutzung vor. Sie setzt den Rahmen, der später auszufüllen ist. Sie ist andererseits die Domäne der Fachleute, in die Laien sich schwer einfinden. Deshalb galt es genau zuzuhören und die Unter- und Zwischentöne herauszufiltern. Es wird eine Bürgerbeteiligung geben, doch müssen sich die Bürger von selbst melden. Sie werden nicht gefragt, können aber ihre Meinung sagen. Und hier hat jeder das gleiche Anhörungsrecht, Nachbarn und Anrainer der Liegenschaft werden keineswegs bevorzugt. Der Ansprechpartner ist Werner Wingenfeld, Stadt Bonn, Planungsdezernat. Was ebenfalls herauszuhören war: Wingenfeld findet es nicht schlecht, wenn sich Initiativen wie diejenige der Ermekeilkaserne bilden, die Vorschläge bündeln und weiterleiten.
Das Planungsverfahren dürfte noch zwei, eher zweieinhalb Jahre dauern. Im Frühjahr 2009 wird Wingenfeld der für die Vermarktung zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) auf den Zahn fühlen: Was hat sie vorgesehen? Gibt es bereits Interessenten? Vorschläge und Anregungen werden gewiss auch seitens der BIMA willkommen sein. Eins ist sicher: Die Stadt Bonn scheidet als möglicher Käufer aus. Auf Nachfrage gab Wingenfeld indirekt zu, dass die klamme Kasse eine solche Aktion verbietet. Was ebenfalls wahrscheinlich ist: Es wird eine europaweite Ausschreibung geben, und die BIMA wird lieber en bloc veräußern als kleinteilig zu verkaufen.
Uli Mercker, Mitglied der Initiative beim Diskussionsabend: "Architektur"
Uli Mercker, Mitglied der Initiative
Wingenfeld erscheint nicht als ein Mann, der große Worte macht. Er beantwortete alle Fragen schnell, direkt - und einmal auch beschwichtigend. Da ging es um das Hauptgebäude im Kasernenareal, das seit 2000 ungenutzt ist. Seit neun Jahren! Eine Provokation angesichts vieler ungelöster Wohnfragen in Bonn, die sich nicht jeder Bürger und jede Bürgerinitiative gefallen lassen dürfte. Der im Publikum stark vertretene Verein Wahlverwandschaften etwa bedauerte diese Tatsache außerordentlich. Andere assistierten mit der rhetorischen Frage, ob man in dieser Frage nicht aktiv werden und durch eine spontane Besetzung …
… doch war dies nicht Thema des Abends. Thema war die Architektur. Und hier kamen zwar spärliche, aber doch sehr brauchbare Anregungen des Mannes vom Fach. Hanns Uelner rät zu Grünflächen und belebten Anlagen ("nicht Kinderspielplätze, sondern Plätze, auf denen Kinder spielen"), mit Vereinsräumen und kleinen Geschäften und Handwerksläden im Erdgeschoss und Wohnräumen in den Etagen darüber.
Hanns Uelner, Bonner Architekt; Mitglied im Werkbund
Model der Ermekeilkaserne
Vorschläge an die Ermekeilinitiative seien, wie diese noch einmal betonte, jederzeit willkommen. Allerdings gab Uelner zu bedenken, dass die kleinteiligen die teureren Lösungen sind und von der BIMA zugunsten eines finanzstarken Investors vermutlich vernachlässigt würden. Überhaupt müsse der BIMA auf die Finger geschaut werden: Hier seien knallharte Verhandler am Werk, die nur aufs Ergebnis schauten - auf das pekuniäre Ergebnis. Was bauliche Details betrifft, so ließ Uelner erkennen, bevorzugt der Architekt eine großzügige Architektur. Damit hält er es wie US-Ölmilliardär John Davison Rockefeller: "Kleinliche Gebäude beherbergen kleinliche Gedanken."
Es war ein angenehmer Abend mit angenehmen Leuten. Es war ein Abend der leisen Worte und der zurückhaltenden Einschätzungen. Es war ein Abend ohne jede Polemik, dafür mit viel Sachverstand. Es war ein Abend der Untertöne. Die signalisierten: Bürger, bringt euch ein und macht Vorschläge.
Fotos: Anke Liepertz
Weiterführende Links
Hanns Uelner, Bonner Architekt; Mitglied im Werkbund
Werner Wingenfeld, amtierender Baudezernent der Stadt Bonn
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Einladungsflugblatt zum Fachgespräch "Architektur" | 13.11.2008 | 638 KB |